Modellbau

Übungsaufgabe:
Erstellung eines Höhenmodells innerhalb eines Volumens von 25x25x25 cm, bei dem die Maßstäblichkeit beachtet werden muss, incl. der Darstellung von Relief, Wasser und eines in die Landschaft gestellten Objektes.

Wie kann ich die Aufgabe lösen? Ich schaute in die Runde und da hatte ich die Idee. Andere hatten anscheinend die gleiche Idee. Höhenmodell = Schichten = Kekse.

Eine Woche später standen wir in der Küche von Tobias und versuchten uns an der gestellten Aufgabe.

Kalter Hund, kalte Schnauze oder so... ein Kochbuch aus den sechziger Jahren wurde zu Rate gezogen. Kokosfett und Kuvertüre irgendwie vermischen und zwischen den Schichten verschwinden lassen lautete die Anweisung.

Mit dem Kochbuch unter dem Arm ging es mit meiner Kommunitonin runter in den Laden und mit gefüllten Taschen wieder in den vierten Stock.

Das Fett wurde erhitzt und in die geschmolzene Schokolade hineingegeben. Natürlich war dies falsch. Nun probierten es die Jungs. Es funktionierte.

Zusammen schichteten wir die Kekse wie eine Moränenlandschaft auf einem vorgefertigten Brett und setzten zum Schluss ein Messer ins Modell.

Am Übungstermin stellten wir unser Höhenmodell zwischen den anderen Abgaben.

Das erste Gerücht kursierte. Tobias hat das Modell gebaut. Von der anderen Seite hörte ich auf einmal dass Steffen das Modell gebaut haben soll. Der Übungsleiter wurde hellhörig. Wer hat das Modell abgegeben? Sie? Nein! Irgendwann hörte ich, dass Julia das Modell gebaut haben soll. Julia auch nicht? Die Spannung stieg an. Tobias war es nicht, aber er hat doch das Modell in den Raum getragen. Steffen war es auch nicht, aber er ist doch mit Tobias gekommen. Julia war es auch nicht, aber sie hat den beiden doch geholfen. Merkwürdig.

Die Sonne ging langsam am Siemensdamm unter. Der Übungsleiter hatte nun auch das letzte Modell besprochen. Die Gerüchteküche brodelte weiter. Ich, nein ich habe damit nichts zu tun oder doch? Ich schaute die anderen an. Der Übungsleiter schaute hilflos in die Runde und wir lächelten. Wir waren es. Nein, es ist keine ernst gemeinte Abgabe. Jeder von uns hat ein eigenes Modell gebaut. Ein gemeinsames Modell? Das Modell müssen wir doch aufessen oder??? Gut, ich mach mir einen Kaffee.

Zu Viert sprachen wir unser Modell mit dem Messer an. Das Ergebnis der Ansprache verteilten wir in der Übungsgruppe. Der Kaffee war fertig und der Übungsleiter dozierte über die Ästhetik der Höhenlinien bei einem Stück kaltem Hund. Draußen verwandelte sich die Sonne langsam zu einer großen roten Tomate. Mit den Resten unseres Modells und begleitet von einem herrlichen Sonnenuntergang besuchten wir die anderen Übungsgruppen, gingen von Raum zu Raum und lernten so die beiden anderen Gruppen kennen, verteilten „kalten Hund“ und staunten über die Modelle der anderen.

G. K. 1997

Zeitschleifen

In meiner Kindheit war ich immer wieder im Museum und habe dort die Vergangenheit meiner Mutter und die meiner Großeltern gesehen. Die meines Vaters war 40 Jahre unter Verschluss. Nun ist auch meine Kindheit im Museum angekommen und damit viele Teile meiner Vergangenheit.

Küchenmaschinen, Kühlschränke und Plastikgeschirr stehen in Regalen, befreit vom Staub des Vergessens. Sie harren der Dinge die da kommen werden, wie die Brombeermarmelade im Keller meiner Schwiegermutter.

Beim Anblick einiger Museumsstücke fühle ich mich um Jahre zurückversetzt. Erinnerungen, Stimmungen, Stimmen und Bilder längst vergessener Zeiten werden plötzlich wieder wach und ich stehe da alleine mit meinen Erinnerungen.

Für Momente tauche ich ein in eine schon längst nicht mehr existierende Wirklichkeit. Die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe meiner „Geschichten aus der Mottenkiste“ haben sich schon längst verflüchtigt, sind vielleicht in die Analen der Geschichte eingegangen. Meine damalige Sichtweise der Geschehnisse ist irgendwie einer anderen Realität gewichen und je mehr von mir im Museum landet, desto älter bin ich.

So wie die Generationen beim Raumschiff Enterprise wechseln, wandert die Geschichte ins Museum und die dazugehörigen gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen verschwinden in den Geschichtsbüchern.

Alles gewesene wird interaktiv und spielerisch von einer Heerschar von EDV-Begeisterten zu einem Generationsbrei verarbeitet, als Auftragsarbeit von irgendeinem Museum, für die nachfolgenden Generationen. Und immer wenn eine Generation zu Brei verarbeitet wurde, geht die Suche nach noch lebenden Zeitzeugen los.

Meine Mutter fotografierte gerne. Besaß aber kein Fotoalbum. Neue Bilder versah sie mit einem Kommentar auf der Rückseite und legte diese zu den anderen Bildern in die Schublade ihres Nachtisches.

Wenn wir Kinder alleine waren öffneten wir die Nachttischschublade unserer Mutter. Die bunt durcheinander gewürfelten Bilder hatten es uns angetan und wir gingen auf Entdeckungsreise. Die Texte auf der Rückseite waren unsere Reisebegleiter. Dabei ordneten wir die Bilder immer wieder neu. Aus der Schublade unserer Mutter wurde so ein hypermedialer Speicher ohne elektronische Datenverarbeitung.

G. K. 1995

Fahrtenbuch

Es war dunkel, der Schnee lag hoch und es herrschte klirrende Kälte. Ich stand vor dem LKW und wollte rein, nur wie? Ich stellte mich auf die Zehenspitzen. Griff hier, Griff da, ich weiß nicht wie, aber ich bin doch in der Fahrerkabine angekommen.

Mit Salz und Sand auf der Ladefläche ging es los über spiegelglatte Straßen und Sträßchen. Mauer rechts, Mauer links, enge Kurve hier, Gartenzaun da, dahinter ein dicker BMW und gegenüber große Milchkannen auf einem Gestell. Menschen standen hier und da hinter den Gardinen. Sobald an einer Stelle zweimal „gepökelt“ wird, klingelt im Rathaus das Telefon. Beim Fahrer piepste es hin und wieder. Es war das „Mischwerk“ und meldete, das Salz gestreut wurde.

In der Dunkelheit tauchte eine gestreute Bundesstraße auf und weiter ging es auf einer Nebenstraße. Zaun rechts, Graben links, die Augen eines Fuchses leuchteten und im Scheinwerferlicht tauchte ein Fußgänger auf.

Der Wagen kam ins rutschen. Rückwärtsgang rein, kurz mit den Vorderrädern über die hinter dem Wagen gestreute Fläche gefahren und dann vorwärts weiter. Jetzt ging es steil bergab. Hier ist der Streuwagen in der letzten Nacht ins rutschen gekommen. Nur durch ein kleines Wunder ist nichts passiert. Auf einem entlegenen Bauernhof wurde gewendet, aus dem Kuhstall winkte der Bauer zu uns rüber. Es war Melkzeit.

Jemand funkte, LKW wo bist Du? Welche Streustufe ist überhaupt dran? Stufe 1, bist Du Dir da sicher? Vom Bergrücken konnte ich Rüggeberg sehen – hier waren die Streufahrzeuge auch aktiv, die orangen Lichter blitzten.

Und weiter ging es. Graben rechts, Graben links, Zaun, Verteilerschrank links. Im Radio die Nachrichten: Eisregen, auf der Kölner Autobahn Unfälle. Hier regnete es nicht mehr, die Straßen waren gestreut und über Funk verabredete man sich für 3 Uhr morgens.

Es ging zurück zum Bauhof. Die Autos rasten an uns vorbei. Auf dem Land gibt es kein Abblendlicht und die Hupen frieren auch nie ein.

Mutig öffnete ich die Fahrzeugtür. Und weiter? Vorwärts? Nein! Rückwärts? Schon besser! Irgendwo fand ich in der Dunkelheit einen Griff, aber die Füße fanden nichts. Also los lassen und springen. Unten angekommen, wollte ich die Autotür hinter mir zu werfen, die schwebte aber über mir. Also wieder auf die Zehenspitzen und irgendwie die Tür zudrücken. Genau so, nur anders stelle ich mir Wasserball vor. Ohne Grund unter den Füßen einmal hoch springen und werfen.

Kurze Zeit später saß ich vor dem Fernseher. Köln, Hamburg, Autobahn Düsseldorf, Berichte über Unfälle auf den glatten Straßen. Ich war dabei gewesen – nur ganz kurz, inmitten 20 Tonnen Rollgewicht mit Salz und Sand im Gepäck, auf spiegelglatten Straßen, ohne Sicherheitsgurt, vom Notarztwagen überholt.

G. K. 1997

Tupper

Es war nur eine Frage der Zeit, die Einladung zur Tupperfete, hier in Düppel. Da ich von Natur aus neugierig bin, ging ich hin. Wie zur Dienstübergabe auf einer Krankenstation saß ich zwischen lauter Frauen (die wenigen Männer auf „der“ Station hatten gerade "Rückenprobleme“).

Anstelle eines Übergabebuches stand vor mir ein großer Tisch mit Tupperware. Was für ein Gefäß fehlt bei uns im Haushalt? Ich wusste es nicht, da bei uns der Herr der Wohnung für die Küche zuständig ist.

Ich wollte nett sein und etwas kaufen! Aber was?? Was nur? Ich schaute Hilfe suchend aus dem Küchenfenster zu uns rüber, aber da stand keiner am Fenster.

Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine Frau. Also die Ärmel hochgekrempelt und den Katalog durchgesucht.

Es gibt keine Probleme, nur Lösungen. Im Laufe des Abends hatte ich irgendwann eine riesige Schüssel in den Händen, kurz danach etwas Kleines für die Pausenbrote und dann wieder eine irgendwie geartete Schüssel und dann einen Schüttelbecher zur Sahnegewinnung.

Der Renner war ein Teigschaber mit dem Namen Clou für 3,20 DM. Er ist bestens geeignet, vereiste Autoscheiben frei zu schaben. Wenn er dabei beschädigt wird, kann er umgetauscht werden, da Tupper auf all seinen Produkten 30 Jahre Garantie gibt. Nur ohne Auto war selbst dieses Produkt für mich uninteressant.

Der Abend endete mit einer Bestellung, für eine Kanne die in einer Kühlschranktür passt.

G. K.1997

Scannen

Was nützt mir der schnellste Scanner, wenn die Datensicherung nicht hinterher kommt. Heute war so ein Tag. TRAU 1871: Titel, Inhalt, Artikel: Seite 190 bis Seite 250, einschließlich der Tafel 1 und 2, grau, 150 DPI.

Hintereinanderweg erschien Seite für Seite auf dem Monitor. Beim betrachten der Seiten fing ich an zu lesen, immer nur Häppchen weise, bis die nächste Seite auf dem Monitor erschien.

Auf Seite 196 tauchte der erste Hund auf. Es war ein 4 Monate alter Rattenfängerhund. Vormittags um 7 h 56 m lebte er noch. Auf Seite 198 trat sein Tod um 9 h 17 m ein. Auf der gleichen Seite unten lebte Vormittags um 7 h 31 m ein mäßig kräftiger mittelgroßer Hund bis Seite 199 um 8 h 23 m. Ein kräftiger Dachshund lebte ab Seite 199 um 8 h 35 m bis Seite 200 um 9 h 8 m. Auf Seite 233 tauchte ein großer Hofhund auf. Er lebte Vormittags um 9 h 3 m und sein Tod trat auf Seite 234 um 9 h 51 m ein. Nach 127 Jahren lebten einunddreißig Versuchshunde wieder auf und starben auf dem Scanner einen noch viel schnelleren Tod als beim ersten mal.

Wie damals standen sie beim Sterben unter Beobachtung. Geschriebenes kann grausam sein.

G. K. 1998

Körnungslinien

Die Pferdestärken stehen in ihren Boxen und schauten mich mit ihren Windschutzscheiben an.

Unweigerlich denke ich mal wieder an Knöllchenbakterien. Was machen die wohl in ihrer Freizeit?

Bei der Berechnung von Körnungslinien fand ich die Lösung.

Knöllchenbakterien rodeln in ihrer Freizeit Körnungslinien runter.

Das ist die Zeit, in der ich meine Probleme nicht nach guter Enterprise Sitte auf den Schirm sondern auf den Scanner packe. Frei nach dem Motto: die kleinen Bits werden es schon richten.

G. K. 1998

Audrey-herb

40 Jahre nach der großen Studentenbewegung im Jahr 1968 wurde Jedermanns Bütt 60 Jahre alt. An seinem Geburtstag lud er zu einer „Greatest Memories“ Fete im Keller der Universität Heidelberg ein.

Wie in alter Zeit spielte die Studentenband der Ehemaligen die alten Protestsongs und da auch im Jahr 2008 das Haschisch immer noch verboten war, roch es in einigen Ecken des Kellers einfach nur wunderbar aromatisch.

Als die letzten Gäste gegangen waren, trank Jedermanns Bütt ganz gemütlich noch ein (oder mehrere) Gläschen Rotwein, rauchte ein Pfeifchen und ließ seine Gedanken frei umherfliegen.

Herby tauchte langsam aus dem Nichts auf und bremste vor Audreys Blumentopf, die keine Autos ausstehen konnte. Wütend griff sie mit einer Wurzel nach dem Wagen. Dabei weckte sie eine radioaktiv verseuchte Spinne, die in ihrem Blumentopf schlief. Die Spinne fühlte sich in ihrer Ruhe gestört und biss Audrey in die Wurzel. Anschließend verschwand sie unter der Motorhaube von Herby.

Aus der wilden Audrey II wurde augenblicklich eine zärtliche Pflanze und Herby ließ vorsichtshalber den Motor an. Dabei fühlte sich die Spinne mal wieder gestört und quittierte die Störung mit einem Biss in die Benzinleitung.

Nun schauten sich Herby und Audrey ganz verzaubert an. Sie küssten sich und liebten sich eine ganze Nacht hindurch. Als die Sonne am Horizont auftauchte, hingen viele kleine Autos an Audreys Wurzeln.

Instinktiv griff Jedermanns Bütt nach den kleinen Herbys. Gleichzeitig griff er auch zur Flasche, um sich die letzten Tropfen Wein in das Glas zu schütten. Bei dieser Griffkombination verlor er aber die Kontrolle über sich.

Als Jedermanns Bütt zu sich kam, hielt er zwei laut hupende kleine Herbys in den Händen. Ganz benommen ging er zum Ausgang und atmete tief durch. Es regnete und als die kleinen Autos die ersten Regentropfen abbekamen, hörte das Hupen auf und ihre Motoren sprangen an. Ohne sich zu wundern stellte Jedermanns Bütt die beiden Autos auf den Boden und schlich nach Hause. Die kleinen Käfer folgten ihm.

Gegen Abend wachte Jedermanns Bütt mit Kopfschmerzen auf und als er aus dem Fenster schaute, erschrak er. Vor dem Haus standen zwei grünlich-weiß schimmernde Käfer.

Nach einem verspäteten Aspirin-Frühstück und einer kalten Dusche standen die beiden Autos immer noch vor der Tür. Jedermanns Bütt ging auf die Straße und schaute sich die Autos genauer an.

Die Karosserie bestand aus einem Kalk-Pflanzengemisch und unter der Motorhaube verbarg sich eine merkwürdige Pflanze, an deren Verästelungen große, mit Luft gefüllte Ballons hingen. Die Wurzeln befanden sich im Unterboden des Wagens, der mit Wasser gefüllt war.

Auf dem Armaturenbrett lag eine Gebrauchsanweisung. Er studierte sie ganz genau. Danach machte er eine lange Probefahrt.

Am anderen Tag meldete er den Wagen als neue Pflanzenzüchtung zum Patent an und schrieb für eine botanische Fachzeitschrift einen Aufsatz über die neue Pflanze.

Viele Großgärtnereien interessierten sich für die neue Autopflanze „Audry-herb“ und Monate später konnte die Autopflanze per Katalog bei den großen Versandgärtnereien bestellt werden.

Die ursprüngliche Gebrauchsanweisung ließ Jedermanns Bütt verschwinden und schwor sich, nie wieder zu kiffen.

G. K. 1993

Die Staubmilbe

Die Milbe Klein hatte Angst vor unserem Staubsauger, der am liebsten Milben mit Haaren und einer Prise Vogelfutter saugt. Sie versteckte sich vorsichtshalber hinter dem Ofen und fühlte sich hier sicher und geborgen. Aber ein in der freien Wohnbahn lebendes Meerschweinchen fand diesen Flecken Erde auch nicht schlecht.

Die Milbe fand schnell ein neues Versteck. Hinter dem Herd war es warm und mollig.

Irgendwann, wurde sie durch ein Geräusch aus ihren Traum geweckt. Direkt vor ihr saß ein anderes Schwein. Es knabberte ganz entzückt an einem dicken Kabel.

Als wir anfingen den Herd auseinander zu nehmen, verscheuchten wir beide aus ihrem Versteck.

G. K. 1992

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