1992

Fuchs, Hase und die Weltkoordinaten

Im Juni waren wir da, wo sich der Hase und der Fuchs gute Nacht sagen. Beide kamen uns auf einen Sandweg entgegen. Kurze Zeit später lag Piefke neben dem Atari. Er beschäftigt sich mit dem gekoppelten Chaos, der Ausbreitung von Masern in einem Kinderheim und mit Luchsen und Hasen.

Am gekoppelten Chaos arbeiten wir täglich. Für die Ausbreitung von Masern in der mathematischen Literatur habe ich nur die Erklärung, dass Piefke’s Computertastatur mit den Taststaturen von Becker und Dörfler zusammen in einem Heim waren. Als der Maser-Virus ausbrach und eine Tastatur nach der anderen erkrankte, suchten die Väter nach einer Beschreibung der Krankheit. Die medizinische Beschreibung der Krankheit stuften sie als falsch ein und steckten die „richtige Beschreibung der Ansteckung“ in eine Gleichung. (BECKER, S.21)

Der Becker hängte eine große Tafel neben seinem Ladentisch. Am ersten Tag machte er jedes Mal einen Strich auf seine Tafel, wenn er von einem Kunden erfuhr, dass auch seine Tastatur im Heim erkrankt war. Nach Ladenschluss zählte er die Striche zusammen.

Am zweiten Tag, als der Dörfler seine Brötchen kaufen kam, wurde die Tafel geputzt und die Gleichung für die Beschreibung der Ansteckung ganz oben aufgeschrieben. Anschließend trugen sie das erste Tagesergebnis als Ausgangswert in die Formel ein. Sie rechneten eine Weile, dann standen die Neuerkrankungen für den zweiten Tag fest.

Auch am zweiten Tag führte der Becker seine Strichliste weiter. Am Abend rechnete er alles zusammen und verglich die Ergebnisse. Und tatsächlich. Die Vorhersage für das Tagesergebnis stimmte. Auch für die nächsten Tage wurden mit Hilfe der Formel die Tagesergebnisse vorausgesagt und Dörfler führte seine Strichliste. Die Männer im Dorf waren über diese Art der Vorhersage ganz erstaunt.

Das Heimpersonal vertraute eher seinem tradierten Wissen. Warum sollen sie darauf warten, dass alle Tastaturen nach und nach erkrankten? Besser ist es doch, wenn alle auf einmal erkrankten und der Spuk danach vorbei ist. Also steckten sie die vorhandenen Tastaturen in ein Bett - auch die eigenen und die der Verwandtschaft -und warteten ab.

Es kam der Tag, an dem auch die letzte Tastatur erkrankte und die Väter ihre Ergebnisse als Grafik auf die Tafel beim Becker präsentieren wollten. Der Becker und der Dörfler arbeiteten die ganze Nacht durch und am nächsten Tag wollten sie ihre Ergebnisse vorführen. Bei der Präsentation erschien das Bild ganz klein in der linken oberen Ecke der Tafel. Die beiden Väter waren damit überhaupt nicht zufrieden. Sie grübelten eine Stunde nach und fanden die Lösung. Mit Hilfe eines Transformators schafften sie es, dass das Bild ganz groß auf der Tafel zu sehen war. Sie waren von ihrer Erfindung so begeistert, dass sie die Tafel zur Welt erklärten.

Bei dem Versuch, die Grafik zu erklären, stellten sie fest, dass mehr Tastaturen erkrankt waren, als überhaupt im Heim angemeldet waren. Also fingen die Männer wieder an zu rechnen und wollten jeden einzelnen Tag rekonstruieren. Dabei brach ein fürchterliches Chaos aus.

Die Tastatur meines Mannes hatte vermutlich schon die Masern. Denn Piefke und er gingen daran, über die zeitlichen Schwankungen von Luchs und Hase in Verbindung mit dem Futterangebot zu arbeiten und mit der Zeit wurde der Luchs durch einen Fuchs ersetzt und wir suchten die Wohnung nach einem Bretterzaun ab. Jörg fand ihn kurz danach auf dem Bildschirm des Ataris und zur gleichen Zeit stieg die Population unseres Meerschweinchen M(uc)k um den Faktor M(oll)y an.

Aus lauter Freude über den Fund erklärte mein Mann seinen Bildschirm als „Fenster zur Welt“ und aus dem Bretterzaun wurden Weltkoordinaten und Wochen später verfolgte mich ein Fuchs, als ich abends auf meinem Fahrrad vom Platz am wilden Eber in Richtung Bessy fuhr.


G. K. 1992






Literatur:

BECKER, K., DÖRFLER, M.: Dynamische Systeme und Fraktale: Computergrafische Experimente mit Pascal. Braunschw./Wiesb., Vieweg Verlag 1989, 3. Ausgabe.

PIEFKE, F.: Simulationen mit dem Personalcomputer. Heidelberg, Hüthig Verlag 1991.

Die Staubmilbe

Die Milbe Klein hatte Angst vor unserem Staubsauger, der am liebsten Milben mit Haaren und einer Prise Vogelfutter saugt. Sie versteckte sich vorsichtshalber hinter dem Ofen und fühlte sich hier sicher und geborgen. Aber ein in der freien Wohnbahn lebendes Meerschweinchen fand diesen Flecken Erde auch nicht schlecht.

Die Milbe fand schnell ein neues Versteck. Hinter dem Herd war es warm und mollig.

Irgendwann, wurde sie durch ein Geräusch aus ihren Traum geweckt. Direkt vor ihr saß ein anderes Schwein. Es knabberte ganz entzückt an einem dicken Kabel.

Als wir anfingen den Herd auseinander zu nehmen, verscheuchten wir beide aus ihrem Versteck.

G. K. 1992

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