1997

Modellbau

Übungsaufgabe:
Erstellung eines Höhenmodells innerhalb eines Volumens von 25x25x25 cm, bei dem die Maßstäblichkeit beachtet werden muss, incl. der Darstellung von Relief, Wasser und eines in die Landschaft gestellten Objektes.

Wie kann ich die Aufgabe lösen? Ich schaute in die Runde und da hatte ich die Idee. Andere hatten anscheinend die gleiche Idee. Höhenmodell = Schichten = Kekse.

Eine Woche später standen wir in der Küche von Tobias und versuchten uns an der gestellten Aufgabe.

Kalter Hund, kalte Schnauze oder so... ein Kochbuch aus den sechziger Jahren wurde zu Rate gezogen. Kokosfett und Kuvertüre irgendwie vermischen und zwischen den Schichten verschwinden lassen lautete die Anweisung.

Mit dem Kochbuch unter dem Arm ging es mit meiner Kommunitonin runter in den Laden und mit gefüllten Taschen wieder in den vierten Stock.

Das Fett wurde erhitzt und in die geschmolzene Schokolade hineingegeben. Natürlich war dies falsch. Nun probierten es die Jungs. Es funktionierte.

Zusammen schichteten wir die Kekse wie eine Moränenlandschaft auf einem vorgefertigten Brett und setzten zum Schluss ein Messer ins Modell.

Am Übungstermin stellten wir unser Höhenmodell zwischen den anderen Abgaben.

Das erste Gerücht kursierte. Tobias hat das Modell gebaut. Von der anderen Seite hörte ich auf einmal dass Steffen das Modell gebaut haben soll. Der Übungsleiter wurde hellhörig. Wer hat das Modell abgegeben? Sie? Nein! Irgendwann hörte ich, dass Julia das Modell gebaut haben soll. Julia auch nicht? Die Spannung stieg an. Tobias war es nicht, aber er hat doch das Modell in den Raum getragen. Steffen war es auch nicht, aber er ist doch mit Tobias gekommen. Julia war es auch nicht, aber sie hat den beiden doch geholfen. Merkwürdig.

Die Sonne ging langsam am Siemensdamm unter. Der Übungsleiter hatte nun auch das letzte Modell besprochen. Die Gerüchteküche brodelte weiter. Ich, nein ich habe damit nichts zu tun oder doch? Ich schaute die anderen an. Der Übungsleiter schaute hilflos in die Runde und wir lächelten. Wir waren es. Nein, es ist keine ernst gemeinte Abgabe. Jeder von uns hat ein eigenes Modell gebaut. Ein gemeinsames Modell? Das Modell müssen wir doch aufessen oder??? Gut, ich mach mir einen Kaffee.

Zu Viert sprachen wir unser Modell mit dem Messer an. Das Ergebnis der Ansprache verteilten wir in der Übungsgruppe. Der Kaffee war fertig und der Übungsleiter dozierte über die Ästhetik der Höhenlinien bei einem Stück kaltem Hund. Draußen verwandelte sich die Sonne langsam zu einer großen roten Tomate. Mit den Resten unseres Modells und begleitet von einem herrlichen Sonnenuntergang besuchten wir die anderen Übungsgruppen, gingen von Raum zu Raum und lernten so die beiden anderen Gruppen kennen, verteilten „kalten Hund“ und staunten über die Modelle der anderen.

G. K. 1997

Fahrtenbuch

Es war dunkel, der Schnee lag hoch und es herrschte klirrende Kälte. Ich stand vor dem LKW und wollte rein, nur wie? Ich stellte mich auf die Zehenspitzen. Griff hier, Griff da, ich weiß nicht wie, aber ich bin doch in der Fahrerkabine angekommen.

Mit Salz und Sand auf der Ladefläche ging es los über spiegelglatte Straßen und Sträßchen. Mauer rechts, Mauer links, enge Kurve hier, Gartenzaun da, dahinter ein dicker BMW und gegenüber große Milchkannen auf einem Gestell. Menschen standen hier und da hinter den Gardinen. Sobald an einer Stelle zweimal „gepökelt“ wird, klingelt im Rathaus das Telefon. Beim Fahrer piepste es hin und wieder. Es war das „Mischwerk“ und meldete, das Salz gestreut wurde.

In der Dunkelheit tauchte eine gestreute Bundesstraße auf und weiter ging es auf einer Nebenstraße. Zaun rechts, Graben links, die Augen eines Fuchses leuchteten und im Scheinwerferlicht tauchte ein Fußgänger auf.

Der Wagen kam ins rutschen. Rückwärtsgang rein, kurz mit den Vorderrädern über die hinter dem Wagen gestreute Fläche gefahren und dann vorwärts weiter. Jetzt ging es steil bergab. Hier ist der Streuwagen in der letzten Nacht ins rutschen gekommen. Nur durch ein kleines Wunder ist nichts passiert. Auf einem entlegenen Bauernhof wurde gewendet, aus dem Kuhstall winkte der Bauer zu uns rüber. Es war Melkzeit.

Jemand funkte, LKW wo bist Du? Welche Streustufe ist überhaupt dran? Stufe 1, bist Du Dir da sicher? Vom Bergrücken konnte ich Rüggeberg sehen – hier waren die Streufahrzeuge auch aktiv, die orangen Lichter blitzten.

Und weiter ging es. Graben rechts, Graben links, Zaun, Verteilerschrank links. Im Radio die Nachrichten: Eisregen, auf der Kölner Autobahn Unfälle. Hier regnete es nicht mehr, die Straßen waren gestreut und über Funk verabredete man sich für 3 Uhr morgens.

Es ging zurück zum Bauhof. Die Autos rasten an uns vorbei. Auf dem Land gibt es kein Abblendlicht und die Hupen frieren auch nie ein.

Mutig öffnete ich die Fahrzeugtür. Und weiter? Vorwärts? Nein! Rückwärts? Schon besser! Irgendwo fand ich in der Dunkelheit einen Griff, aber die Füße fanden nichts. Also los lassen und springen. Unten angekommen, wollte ich die Autotür hinter mir zu werfen, die schwebte aber über mir. Also wieder auf die Zehenspitzen und irgendwie die Tür zudrücken. Genau so, nur anders stelle ich mir Wasserball vor. Ohne Grund unter den Füßen einmal hoch springen und werfen.

Kurze Zeit später saß ich vor dem Fernseher. Köln, Hamburg, Autobahn Düsseldorf, Berichte über Unfälle auf den glatten Straßen. Ich war dabei gewesen – nur ganz kurz, inmitten 20 Tonnen Rollgewicht mit Salz und Sand im Gepäck, auf spiegelglatten Straßen, ohne Sicherheitsgurt, vom Notarztwagen überholt.

G. K. 1997

Tupper

Es war nur eine Frage der Zeit, die Einladung zur Tupperfete, hier in Düppel. Da ich von Natur aus neugierig bin, ging ich hin. Wie zur Dienstübergabe auf einer Krankenstation saß ich zwischen lauter Frauen (die wenigen Männer auf „der“ Station hatten gerade "Rückenprobleme“).

Anstelle eines Übergabebuches stand vor mir ein großer Tisch mit Tupperware. Was für ein Gefäß fehlt bei uns im Haushalt? Ich wusste es nicht, da bei uns der Herr der Wohnung für die Küche zuständig ist.

Ich wollte nett sein und etwas kaufen! Aber was?? Was nur? Ich schaute Hilfe suchend aus dem Küchenfenster zu uns rüber, aber da stand keiner am Fenster.

Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine Frau. Also die Ärmel hochgekrempelt und den Katalog durchgesucht.

Es gibt keine Probleme, nur Lösungen. Im Laufe des Abends hatte ich irgendwann eine riesige Schüssel in den Händen, kurz danach etwas Kleines für die Pausenbrote und dann wieder eine irgendwie geartete Schüssel und dann einen Schüttelbecher zur Sahnegewinnung.

Der Renner war ein Teigschaber mit dem Namen Clou für 3,20 DM. Er ist bestens geeignet, vereiste Autoscheiben frei zu schaben. Wenn er dabei beschädigt wird, kann er umgetauscht werden, da Tupper auf all seinen Produkten 30 Jahre Garantie gibt. Nur ohne Auto war selbst dieses Produkt für mich uninteressant.

Der Abend endete mit einer Bestellung, für eine Kanne die in einer Kühlschranktür passt.

G. K.1997

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